Mittwoch, 14.11.2018 / 18.30 Uhr / Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg

„Der Reisende“ von Ulrich Alexander Boschwitz

Vorgestellt von Peter Graf und Thomas Sarbacher

Deutschland im November 1938. Otto Silbermanns Verwandte und Freunde sind verhaftet oder verschwunden. Er selbst versucht, unsichtbar zu bleiben, nimmt Zug um Zug, reist quer durchs Land. Inmitten des Ausnahmezustands. Er beobachtet die Gleichgültigkeit der Masse, das Mitleid einiger Weniger. Und auch die eigene Angst. Als „wirklich bewegenden, aber auch instruktiven Text“, hat die Büchnerpreisträgerin Brigitte Kronauer den Roman des damals 23-jährigen Ulrich Alexander Boschwitz gewürdigt. Helmut Böttiger schrieb: „Die Geschichte, die das Buch erzählt, lässt einen genauso den Atem anhalten wie die Geschichte seines Autors.“

Boschwitz, geboren am 19. April 1915 in Berlin, emigrierte 1935 gemeinsam mit seiner Mutter zunächst nach Skandinavien, wo sein erster Roman erschien. Der Erfolg ermöglichte ihm ein Studium an der Pariser Sorbonne. Während längerer Aufenthalte in Belgien und Luxemburg entstand »Der Reisende«, der 1939 in England und wenig später in den USA und in Frankreich veröffentlicht wurde. Kurz vor Kriegsbeginn wurde Boschwitz in England trotz seines jüdischen Hintergrunds als »enemy alien« interniert und nach Australien gebracht, wo er bis 1942 in einem Camp lebte. Auf der Rückreise wurde sein Schiff von einem deutschen U-Boot torpediert und ging unter. Boschwitz starb im Alter von 27 Jahren, sein letztes Manuskript sank wohl mit ihm.

Auch „Der Reisende“ wäre wohl verschollen geblieben, wenn nicht der Verleger und Lektor Peter Graf das Buch ausgegraben hätte. Ein Sensationsfund! Zum ersten Mal ist dieses erschütternde und faszinierende Werk nun in Deutschland zu entdecken. Peter Graf stellt den Roman in der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg zusammen mit dem Schauspieler Thomas Sarbacher vor, der ausgewählte Passagen lesen wird. Sarbacher begann am Theater und ist seit Ende der 90er Jahre in vielen Fernsehproduktionen zu erleben gewesen. Auch als Hörbuchsprecher hat Sarbacher große Bekanntheit erlangt.


Mittwoch, 28.11.2018 / 19.00 Uhr / Karlstorbahnhof

Newcomers

Filmvorführung und Gespräch mit Regisseur Maan Mouslli

„Newcomers“ ist ein Dokumentarfilm, in dem geflüchtete Menschen ihre Geschichte selbst erzählen. Junge und Alte, Menschen unterschiedlichen Glaubens, unterschiedlichen Geschlechts und sexueller Orientierung; Menschen mit und ohne Behinderung. Menschen aus über acht verschiedenen Ländern. In 29 Interviews treten ihre Geschichten in einen Dialog miteinander. Sie erzählen vom Tragischen, aber auch vom Schönen und Hoffnungsvollen: Von Verfolgung, Krieg und den Umständen der Flucht, aber auch von Träumen und Kindheitserinnerungen, vom stetigen Kampf für Freiheit und Würde. Trotz aller Unterschiede zeigen sich Umrisse einer Grunderfahrung des Lebens im Exil. Wie fühlt es sich an, neu in eine Gesellschaft zu kommen? Wohin mit der Vergangenheit, mit den Erinnerungen an das was war? Was heißt es, „Flüchtling“ in Deutschland zu sein?

Regisseur Ma’an Mouslli stammt aus Damaskus und ist Fotograf, Radio-Journalist und Dokumentarfilmer. Während seines Informatikstudiums an der Europäischen Universität Damaskus gründete er einen Theater-Club und spielte in vielen Stücken selbst mit. Ma’an engagierte sich schon früh in der syrischen Revolution, nahm an Straßen-Theatern teil und dokumentierte mit seinen Fotografien u.a. die frühen Versuche, das Assad-Regime zu stürzen. Sein Dokumentarfilm über Theater-Clubs an Universitäten wurde beim Al Jazeera International Documentary Film Festival gezeigt.